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Digitalisierung

Die 10 größten Fehler bei der Digitalisierung

  1. Es wird nicht erkannt, dass digitale Technologien ins Herz des Unternehmens rücken müssen.
  2. Es fehlt das Verständnis dafür, wie Technologie-Plattformen funktionieren.
  3. Man glaubt fälschlicherweise, dass agile Entwicklung allein ausreicht, um das beste digitale Produkt zu schaffen.
  4. Es werden traditionelle Führungsprinzipien und eine klassische Managementkultur auf den Technologiebereich angewandt.
  5. Digitale Technologieprodukte werden wie herkömmliche IT-Lösungen behandelt.
  6. Geschäfts- oder Vertriebsabteilungen bestimmen den Kurs im Technologiebereich.
  7. Es wird angenommen, dass allein durch höhere Ausgaben für Technologie und Software oder durch das Einstellen weiterer Softwareentwickler der Fortschritt beschleunigt und das digitale Produkt verbessert wird.
  8. Es wird ein CDO eingestellt, der noch nie eine Zeile Code gesehen hat – geschweige denn, erfolgreich ein komplexes Softwareprodukt entwickelt hat.
  9. Es wird gehofft, dass Accelerator-Programme, Inkubatoren und Labs, die isoliert und weit entfernt vom Kerngeschäft agieren, die digitale Transformation voranbringen.
  10. Es wird ein fehlgeleiteter Transformationsansatz (Dual Transformation gegenüber anderen Modellen) verfolgt, der sich wesentlich schwerer umsetzen lässt.

Digitalisiere, wenn du überleben willst

Es ist fast 10 Jahre her, dass Marc Andreessen seinen Artikel Software is eating the world veröffentlicht hat. Im Kern war das eine Warnung an alle Unternehmer weltweit: Computertechnologie und Software werden jede Branche grundlegend verändern.

Und ich habe das nagende Gefühl, dass zu viele Manager europäischer Unternehmen diese Warnung nicht ernst genug genommen haben. Selbst technisch geprägte Konzerne, wie die deutschen Automobilhersteller oder Maschinenbauer, kämpfen weiterhin mit der Digitalisierung.

Zwar geben viele Unternehmen heute mehr Geld für Software-Technologien aus als jemals zuvor, und sie haben moderne Methoden der agilen Softwareentwicklung wie Scrum in ihren Abteilungen eingeführt. Aber das allein reicht nicht aus, um ein digitales Unternehmen zu werden.

Digital

Digital steht im Wesentlichen für 1 und 0, die Grundlage aller Computersoftware, und verkörpert damit alles, was auf einem Computerprozessor als Software ausgeführt werden kann. Die Rechenleistung dieser Computer hat sich über die letzten Jahrzehnte exponentiell gesteigert (siehe Moore’s Law). Besonders während der COVID-19-Pandemie wurde deutlich, welche Bedeutung das hat. Doch wir nutzen heute nur einen Bruchteil der Rechenleistung, die in den letzten zwei Jahrzehnten entwickelt wurde. Erfindungen, die diese Leistung sinnvoll nutzen, kann man daher als digitale Innovationen bezeichnen.

Das Beispiel Tesla zeigt deutlich den disruptiven Faktor von nativ digitalen Unternehmen (in den USA oft als „Tech Companies“ bezeichnet). Während Tesla immer noch Autos produziert, sind vormals wesentliche Komponenten wie der Motor durch Elektromotoren mit moderner Batterietechnologie in den Hintergrund gerückt oder standardisiert worden. Im Wesentlichen baut Tesla einen mobilen Supercomputer, ausgestattet mit einem leistungsstarken zentralen Steuerungsrechner und entsprechenden Sensoren. Im Gegensatz dazu haben fast alle Automobilhersteller über Jahrzehnte einen Großteil ihrer digitalen Systeminnovationen an Zulieferer ausgelagert und unabhängige Komponenten von ihnen eingekauft. Teslas nativ digitale Plattform ermöglicht hingegen völlig neue iterative Produktinnovationen, die ausschließlich auf Software basieren. Fahrzeugleistungs-Updates über das Internet oder Funktionen wie der Autopilot sind nur der Anfang.

Im vergangenen Jahrzehnt lag der Fokus vieler Branchen darauf, die vorhandene Rechenkapazität durch Software und das Internet zu nutzen. Daraus entstanden fast magisch wachsende Technologieimperien, die ganze Industriezweige mit exzellenten globalen und hyperskalierbaren Produkten zu verdrängen drohten.

Es ist kein Zufall, dass die wertvollsten Unternehmen der Welt Tech-Giganten wie Apple, Google, Alibaba, Tencent oder Amazon sind. Sie repräsentieren verschiedene Generationen der sogenannten Plattformökonomie.

Während viele traditionelle Unternehmen immer noch versuchen zu verstehen, was das für sie bedeutet, rollt bereits die nächste, noch größere Welle der digitalen Innovation heran. Durch selbstlernende Algorithmen, bekannt als Machine Learning oder umfassender als Künstliche Intelligenz, kann die weltweit vorhandene Rechenleistung endlich sinnvoll genutzt werden. Es ist, als hätten wir Menschen einen Weg gefunden, einen großen Teil unseres ungenutzten Gehirns einzusetzen – und so Superkräfte auf den mobilen, vernetzten Supercomputern zu schaffen, die wir alle in unseren Taschen tragen.

Ein Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn ein Unternehmen das ignoriert, ist Boeing. Obwohl Boeing als traditionelles Technologieunternehmen gelten kann, haben sie es versäumt, digitale Technologien und Softwareprodukte zu priorisieren. Als wäre es nicht schlimm genug, dass aufgrund von Kosteneinsparungen bei Sensoren und einem Softwarefehler zwei 737 MAX-Flugzeuge abgestürzt sind, treten fast wöchentlich neue Softwareprobleme auf – zuletzt sogar ein Bug in der Anflugsoftware ihrer modernen 777/787-Serie. Dass die Kontrollcomputer der 737 über Jahrzehnte nicht aktualisiert wurden und wesentliche digitale Softwareentwicklungen ausgelagert wurden, wäre für ein Unternehmen wie Tesla schlicht unvorstellbar.

Warum sollte heute also jemand behaupten, dass nicht jedes Unternehmen ein digitales Unternehmen werden muss, um zu überleben? Selbst Unternehmen, die das verstehen, finden es extrem herausfordernd, wirklich zu digitalisieren.

Es ist entscheidend zu verstehen, was die besten Technologieunternehmen von allen anderen unterscheidet und was die neueste Generation der Plattformökonomie ausmacht.

In meinen über 20 Jahren in Führungspositionen bei Startups, skalierten Internetplattformen, Tech-Giganten und traditionellen Unternehmen habe ich gelernt, was digitale Unternehmen von der Masse abhebt.

Daraus lassen sich die folgenden 3 Erfolgsfaktoren ableiten, die für die digitale Transformation eines Unternehmens jeder Größe entscheidend sind:

  1. Die Bedeutung digitaler Technologie verstehen und sie richtig im Unternehmen verankern.
  2. Eine digitale Führungs- und Unternehmenskultur etablieren, die durch Empowerment, autonome Teams und OKRs geprägt ist.
  3. Die Fähigkeit aufbauen, digitale Softwareprodukte zu entwickeln.

Der wichtigste erste Schritt ist, dass die Führung eines Unternehmens erkennt, dass digitale Technologie nicht nur ein Kostenfaktor ist und bloß mehr Geld auszugeben nicht hilft. Stattdessen muss die essenzielle Rolle der Technologie verstanden, ins Zentrum des Unternehmens gerückt und aktiv mit einer angepassten Führungskultur und neuen Kompetenzen gemanagt werden.

Dann kann jedes Unternehmen erfolgreich digitalisiert werden.